Der Traum von maximaler Leistungsfähigkeit treibt viele Athletinnen und Athleten zu immer neuen Trainingsmethoden. Eine der effektivsten Strategien, um Ausdauer, Regeneration und Zellgesundheit zu verbessern, ist das Höhentraining. Diese Trainingsform basiert auf der gezielten Nutzung von Sauerstoffmangel (Hypoxie) – ein Zustand, den man sonst nur in großen Höhenlagen findet. Doch was genau steckt dahinter, wie funktioniert Höhentraining, und warum wird es nicht nur im Spitzensport, sondern zunehmend auch in der Medizin und im Gesundheitsbereich eingesetzt?
Was ist Höhentraining?
Höhentraining bezeichnet jede Form von körperlichem Training unter Bedingungen mit reduziertem Sauerstoffgehalt – entweder in natürlicher Höhe (z. B. auf 2.000–3.000 m) oder künstlich erzeugt in sogenannten Höhenkammern bzw. Hypoxiezelten. Ziel ist es, den Körper dazu zu bringen, sich an die erschwerten Bedingungen zu gewöhnen. Dies bewirkt eine Reihe physiologischer Anpassungen, die sich besonders leistungsfördernd auf Ausdauersportarten auswirken.
Welche physiologischen Effekte hat Höhentraining?
- Erhöhung der Erythropoese: Der Körper produziert mehr rote Blutkörperchen (Erythrozyten), was die Sauerstofftransportkapazität des Blutes verbessert.
- Stimulation des Erythropoetins (EPO): Hypoxie steigert die Ausschüttung dieses Hormons, das für die Blutbildung verantwortlich ist.
- Verbesserung der mitochondrialen Effizienz: Zellen lernen, Sauerstoff effizienter zu nutzen.
- Steigerung der VO₂max: Das maximale Sauerstoffaufnahmevermögen erhöht sich, was die Ausdauerleistung deutlich verbessert.
- Reduktion der Laktatbildung: Die Laktatschwelle verschiebt sich nach oben, wodurch höhere Intensitäten über längere Zeit aufrechterhalten werden können.
- Beschleunigte Regeneration: Durch optimierte Zellstoffwechselprozesse erholt sich der Körper schneller nach Belastung.
Unterschiedliche Formen des Höhentrainings
- Live High – Train Low: Aufenthalt in der Höhe (z. B. im Höhenhotel), aber Training im Tal. Ziel: Vorteile der Erythropoese ohne Leistungsverlust durch Sauerstoffmangel beim Training.
- Live High – Train High: Sowohl Leben als auch Training in der Höhe. Dies wird häufig in Trainingslagern durchgeführt.
- Intermittierendes Hypoxietraining (IHT): Kurze, passive oder aktive Trainingsphasen mit reduzierter Sauerstoffzufuhr (z. B. über eine Maske).
- IHHT (Intermittierende Hypoxie-Hyperoxie-Therapie): Wechsel zwischen Phasen mit sauerstoffarmer und sauerstoffreicher Luft. Besonders effizient zur Zellregeneration und Mitochondrienfitness.
IHHT – Nicht nur für Leistungssportler interessant
Während klassische Höhentrainingsformen oft Hochleistungssportlern vorbehalten bleiben, ist die IHHT eine Methode, die auch für Amateure, gesundheitsbewusste Menschen und sogar chronisch Kranke von großem Nutzen sein kann. Denn IHHT wird nicht primär zur Leistungssteigerung eingesetzt, sondern zur zellulären Regeneration, Entgiftung und Optimierung des Energiestoffwechsels. Die Mitochondrien – also die Kraftwerke unserer Zellen – werden durch die kontrollierte Sauerstoffverknappung angeregt, effizienter zu arbeiten. Das führt zu mehr Energie, besserer Stressresistenz, erholsamerem Schlaf und einer stärkeren Immunabwehr. Deshalb findet IHHT zunehmend Anwendung in Bereichen wie Long Covid, Burnout, Stoffwechselstörungen, neurodegenerativen Erkrankungen und allgemeinen Anti-Aging-Konzepten.
Höhentraining im Ausdauer- und Kraftsport
Im Ausdauersport ist Höhentraining längst etabliert – etwa bei Marathonläufern, Radfahrern, Triathleten oder Skilangläufern. Doch auch Kraftsportler und Spieler in Teamsportarten wie Fußball oder Eishockey nutzen hypoxische Bedingungen, um ihre Explosivkraft, anaerobe Kapazität und Regenerationsfähigkeit zu steigern. Studien zeigen, dass gezieltes Intervalltraining unter Hypoxiebedingungen zu schnelleren Fortschritten in der Kraftentwicklung führen kann – und das mit geringerer Trainingsdauer.
Die Rolle der Zellgesundheit im Leistungssport
Ein häufig unterschätzter Effekt von Höhentraining ist der Einfluss auf die Zellgesundheit. Chronischer oxidativer Stress, suboptimale Mitochondrienfunktion und Entzündungsprozesse sind häufige Limitierungen im Hochleistungssport. Durch Hypoxie-Anreize werden autophagische Prozesse (also das Recycling beschädigter Zellbestandteile) gefördert und neue Mitochondrien gebildet – ein Prozess, der auch als „Mitohormesis“ bekannt ist. Dadurch verbessert sich die zelluläre Energieproduktion – eine der wichtigsten Grundlagen für Spitzenleistungen.
Risiken und Kontraindikationen
Trotz aller Vorteile birgt Höhentraining auch Risiken:
- Akute Bergkrankheit bei untrainierten Personen in großen Höhen
- Erhöhtes Risiko für Thrombosen durch veränderte Blutviskosität
- Mögliche Überforderung bei unzureichender medizinischer Betreuung
Wichtig ist daher eine individuelle Diagnostik und professionelle Begleitung, insbesondere bei Anwendung in der Rehabilitation oder im Breitensport.
Fazit: Die Zukunft des Trainings ist hypoxisch
Höhentraining – in all seinen modernen Varianten – ist eine der spannendsten Entwicklungen im Leistungssport und der Präventivmedizin. Während Spitzensportler mit klassischen Höhenlagern und Höhenzelten arbeiten, steht mit IHHT auch ambitionierten Amateuren und gesundheitsorientierten Menschen ein wirkungsvolles Tool zur Verfügung. Ob du deine Bestzeit verbessern, dein Energieniveau steigern oder deine Zellen revitalisieren willst – gezielte Hypoxie kann ein entscheidender Gamechanger sein.